Ein guter Grund: Das kreative Grundeinkommen

Manche Dinge kann man sich gar nicht ausdenken. Oder vielleicht doch? Ok, dass ein 0.4 mm winziger Virus es schafft, die Welt einmal auf links zu drehen, das vielleicht nicht. Aber sonst gilt die Devise: Was man sich vorstellen kann, kann auch irgendwann Wirklichkeit werden. Aus der Initiative „The Imagination Project“ wurde aus „irgendwann“ im Handumdrehen: Jetzt! Eine teilnehmende Beobachtung.

TIP_cafotografie_KilianvandeWater_030.jpg

Das Kunstwerk ist eine imaginäre Insel, die rings von Wirklichkeit umbrandet ist. (Zitat Jose Ortega Y Gasset).
Die Wirklichkeit kam dann 2020 verdammt nah, brandete herum und traf vor allem die Kreativbranche wie ein Donnerschlag. Von jetzt auf gleich hieß es für einige: nichts geht mehr. Und viele Künstler, Musiker oder Fotografen, die meisten von ihnen Freiberufler, waren plötzlich konfrontiert mit etwas, das ein befreundeter Designer liebevoll-ironisch als „doppelte coronöse Nullrunde“ betitelte: null Income, null Ahnung, wie es weitergeht.

KUK_CASES_NEU_WACOM15.jpg

„Wir mussten etwas tun!“
Die Frühstücksvortragsreihe Creative Mornings und Wacom sind seit Jahren Partner der Kreativwirtschaft im „Dorf“ - und Partners in Crime. Lisa Maria Kunst, Host von Creative Mornings Düsseldorf: „Viele unserer Freunde, Kollegen und Kunden sind Teil der Kreativszene. Und wir haben hautnah mitbekommen, was da abging. Alexandra Holder und Stefan Kirmse von Wacom sind dann auf uns zugekommen und wir alle waren uns einig: Wir wollen – wir müssen etwas tun!
Und wow, alle waren Hands on. Ein paar Stunden später gab´s eine erste Idee. Zwei Tage später stand mit dem Support von Flora und Fauna Konzept und Look. Eine Woche später hatten wir eine Aktions-Microsite am Start. Und dann haben wir auf sämtlichen Kanälen, aber vor allem natürlich auf Social Media, ordentlich Radau für dieses Projekt gemacht.“

Das kreative Grundeinkommen für drei Kreative
Die Idee von „The Imagination Project“: kreatives Grundeinkommen für 3 Düsseldorfer Kreative in Höhe von 1000,- Euro pro Monat. Über 3 Monate konnten sie ein Projekt umsetzen, für das sie bis dahin keine Zeit, keine Ressourcen oder einfach kein Geld hatten. In einem kurzen Anschreiben konnten die Bewerber ihre Projekt-Idee vorstellen, eine kreative Vorarbeit war nicht erforderlich, die Themenauswahl komplett frei. Die drei Gewinner-Projekte wurden on top filmisch, fotografisch und redaktionell begleitet und über die Social Media-Kanäle der Organisatoren und ihrer Partner The Dorf, Kiosque Film und Vivid ausgespielt. Um ihren Arbeiten eine möglichst große Reichweite und Sichtbarkeit zu  geben.

Malroboter, Klangcollagen und spannende 4 Minuten
Eine unabhängige Jury aus Vertretern der Düsseldorfer Kreativwirtschaft hatte die Qual der Wahl – über 60 hochkreativen Bewerbungen aus unterschiedlichsten Disziplinen. Die letzte Bewerbung rauschte den Organisatoren am Stichtag um 23: 56 Uhr in die Inbox. Zeitmanagement scheint ein mirakulöses, dehnbares Faszinosum für viele Kreative zu sein – und spannend macht man es ja auch gern. Die Ideen reichten von Malrobotern über Kinderbuch-Animationsfilme, Podcasts, Bildhauerei, Magazin-Kunst oder Klangcollagen bis hin zu Tanzperformances.
Lena Tervooren, Creative Directorin bei Flora & Fauna, saß mit in der Jury: „Es war ein denkwürdiger Prozess für uns alle. Wir wussten ja: hinter jeder Bewerbung steht auch eine ganz persönliche Geschichte. Es gab einige Momente, wo wir dasaßen und echt berührt waren. Oder einfach nur geflasht. Wir haben es uns nicht einfach gemacht, aber irgendwann mussten wir uns entscheiden und sagen: Ok, die drei sind´s!“

Akiko Okamoto mit „Delivery Dance“.

TIP_cafotografie_AkikoOkamoto018.jpg

„Dass mein Projekt von „Imagination Project“ unterstützt wurde, hat mich seelisch sehr aufgebaut und total motiviert trotz der schwierigen Situation ein Projekt zu realisieren. Was für eine große Freude die Nachricht von Euch war, könnt Ihr Euch nicht vorstellen!“

Die freiberufliche Kommunikatorin kuratiert Tanz- und Theaterstücke für Düsseldorfer Institutionen. Normalerweise. "In der damaligen Situation hatten alle Theater geschlossen und Live-Aktivitäten waren nicht mehr möglich. Für viele Tänzerinnen und Künstler fiel die Möglichkeit weg, sich „in echt“ zu treffen, zu proben, sich auszutauschen und zu inspirieren. Das fehlte allen sehr. Akiko: „Die Förderung durch das "Imagination Project" hat mich dazu gebracht, mir Gedanken über ein Konzept zu machen, das während des Lock-down möglich ist.“  In ihrem Projekt lud sie 7 in Düsseldorf lebende Tänzer ein, wie in einem Lieferdienst, in einer 1:1 Performance, einer ausgewählten Person einen Tanz zu liefern. Ort, Tag und Uhrzeit wurden vorher vereinbart und dann
ging´s los: an Parkplätzen, S-Bahnhaltestellen oder in Parkanlagen. Impressionen dieser besonderen Momente und Interviews wurden filmisch festgehalten. Damit wir uns immer daran erinnern, wie wichtig solche „Live“-Erlebnisse für uns alle sind.

 
TIP_cafotografie_AkikoOkamoto001.jpg
TIP_cafotografie_AkikoOkamoto018.jpg

Kilian van de Water mit „Kurzfilm Festival Open Air”

TIP_cafotografie_KilianvandeWater_032.jpg

Der selbstständige Designer nutzte in seinem Projekt die Chance, einen eigenen Motiondesign-Film zu zeichnen und gleichzeitig eine Plattform für weitere Künstler zu schaffen. „Durch das Imagination Project habe ich die Möglichkeit bekommen, mich intensiv mit neuen Techniken und alten Methoden der Animation auseinander zu setzen und meinen eigenen Kurzfilm zu kreieren. Ich konnte hier unabhängig und frei meinen eigenen Vorstellungen nachgehen und mich kreativ austoben. Außerdem konnte ich durch die Organisation des Trickfilm Festivals spannende neue Bekanntschaften schließen und mich selber in der Position des Veranstalters üben.“ Neben internationalen Künstlern, die er organisiert hatte, gab es auch einen Open Call, um verstärkt noch mehr Düsseldorfer Trickfilme zeigen zu können. Die gesammelten Animations-Arbeiten wurden über die Stadt verteilt bei Einbruch der Dunkelheit an mehreren gut zugänglichen Spots in Dauerschleife gezeigt. Mit genug Platz, sich die Filme mit sicherem Abstand anschauen zu können und trotzdem ein Gemeinschaftserlebnis zu haben. Über eine Road-Map gab´s Infos über die Stationen, Filme und Künstler.

TIP_cafotografie_KilianvandeWater_014.jpg
TIP_cafotografie_KilianvandeWater_038.jpg

Annette Jacobs mit „Imaginative Paper Landscapes“

TIP_cafotografie_AnnetteJacobs_051 Kopie.jpg

Für die selbstständige Illustratorin, Paper-Artistin ist Kreativität nicht nur Art und Weise, ihr Leben zu gestalten, sondern auch, mutig zu sein, den Wandel des Lebens zu akzeptieren, als Chance zu sehen und auf Herausforderungen mit Ideen zu reagieren. In ihrem Projekt reagierte sie mit einer im bewegenden Idee auf etwas, das vielen von uns in der Krise zu schaffen machte: Nicht reisen zu können. Per animierter Paper-Illustrationen und Stop-Motion-Technik nahm sie die Betrachter mit auf eine kleine Weltreise – quer durch die schönsten Orte dieser Welt. Das Medium „Augmented Reality“ war in der Umsetzung ihrer Idee zunächst als Experiment geplant. „Sicher, ob das alles so klappt, war ich mir nicht. Aber ich bin über mein Ziel hinausgeschossen und hab mir neue Techniken erarbeitet. Und nun kann man also Flamingos aus der Atacama Wüste über den eigenen Hinterhof tanzen lassen.“




TIP_cafotografie_AnnetteJacobs_032.jpg
TIP_cafotografie_AnnetteJacobs_048.jpg
TIP_cafotografie_AnnetteJacobs_044.jpg
 

Social Media_Insta02.jpg

Eine Idee geht um die Welt
Es ist einfach toll zu sehen, dass kreativer Spirit mit nichts in der Welt aufzuhalten ist. Apropos Welt: in Übersee ging gerade die Bewerbungsphase von „The Imagination Project goes Portland“ mit über 100 Einsendungen zu Ende. Wer weiß, vielleicht kommen ja noch weitere Städte dazu. Könnten wir uns sehr gut vorstellen.

Weitere Infos und filmische Dokumentationen: the-imagination-project.com

Zurück
Zurück

Was inspiriert dich, Anja Backhaus, Radio- und Fernsehmoderatorin?

Weiter
Weiter

End of story. And a new beginning.