Vom Büro zum Club-Office
New Work war auch schon vor Corona ein Megatrend. Verstärktes Homeoffice und Remote-Work konfrontieren nun Unternehmen erst recht mit der Frage, wie das Büro der Zukunft aussehen soll. Spannende Antworten darauf gab ein Experte aus dem Düsseldorfer Medienhafen: Alexander Sczech, Inhaber von citizenoffice.
Interview: Rainer Kunst
Mit welchen Erwartungen bist Du in das Geschäftsjahr 2020 gestartet?
Sehr euphorisch! Wir waren in zahlreichen Projekten involviert, die sich mit den Veränderungen von Prozessen und Räumen der Arbeit beschäftigten.
Alexander Sczech, Inhaber der Citizenoffice GmbH und mit seinem Team verantwortlich für die Innenarchitektur und Möblierung bei Flora & Fauna.
Und dann kam Corona. Wie hat sich Euer Geschäft und Eure eigene Arbeitsweise dadurch verändert?
Die meisten Projekte durften wir glücklicherweise fortführen. Natürlich mit Änderungen in der Art und Weise der Bearbeitung. Bis Anfang 2020 haben wir überwiegend in gemeinsamen, physischen Meetings mit unseren Kunden und unserem Team gearbeitet. Nun werden Konzeption und Planung digital sowohl in Einzelarbeit als auch im Team erarbeitet und mit unseren Kunden besprochen. Auch unsere sogenannten „Learning Journeys“ mit unseren Kunden, gemeinsameBesuche zu unterschiedlichen inspirierenden Orten, sind momentan auf Eis gelegt. Glücklicherweise aber lief – und läuft – die Auslieferung der Ware wie gewohnt weiter. Allerdings war unser stationäres Geschäft im harten Lockdown geschlossen.
Was bedeutet diese Entwicklung hin zu Homeoffice und Remote-Work für zukünftige Arbeitswelten?
Ich bin mir sicher, dass Remote-Work und Homeoffice sehr wichtige und dauerhafte Bestandteile unserer Arbeitswelt sein werden, auch nach Corona. Dadurch wird Kommunikation im Team noch wichtiger. Perspektivisch werden wirkeinen festen „eigenen“ Schreibtisch im Büro mehr vorfinden. Das Büro wird noch stärker ein sozialer Ort sein, an dem man die Infrastruktur vorfindet, die man zuhause nicht hat. Zusammenarbeit, Zugehörigkeit, Heimatgefühl stehen dort im Vordergrund. Mir gefällt die Idee, das zukünftige Büro auch als Magnet fürRemote-Worker zu bezeichnen. Das Büro muss daher noch wesentlich attraktiver werden, damit die Menschen dort gerne hinkommen. Die räumliche Dimension der Arbeit braucht dafür einen neuen Mindset. Wir durften Euch bei Flora & Faunaja mit neuen Arbeitsräumen bereits unterstützen: mit flexiblen Arbeitsplätzen, unterschiedlichen Orten zum Austausch und zur Reflexion, alles in visuell unterschiedlichen Themenwelten umgesetzt.
Bar & Lounge: Ein Kaffee in der Bar lädt die Kollegen zum entspannten Austausch ein.
„Wir sollten das zukünftige Büro auch als Magnetfür Remote-Worker begreifen“
Macht Design bei der Büroausstattung einen Unterschied?
Ja, definitiv. Ich glaube, dass die Kraft des Designs eine nicht zu unterschätzende Wirkung erzeugt: nämlich das Gefühl, am richtigen Ort zu sein. Darin fließen sowohl die richtig durchdachte Raumplanung ein, die Gestaltung durch Farben und Materialien als auch die richtigen Produkte, die diese Wirkung unterstützen. Entscheidend dafür ist die Kompetenz, ein tiefes Verständnis für die Organisation und Kultur eines Unternehmens zu entwickeln und diese dann in einen einzigartigen Raum zu übersetzen. So entsteht eine Energie, die sich auf die Menschen überträgt. Bei Flora & Fauna haben wir mit Euch zum Beispiel das Thema Natur und Biophilie, die Liebe zum Lebendigen, in den Themenwelten und im Design umgesetzt.
Was ist für Unternehmen wichtig, die sich jetzt mit dem Thema Arbeitswelt auseinandersetzen?
Zunächst sollten sie analysieren, welche Rolle Homeoffice zukünftig spielen soll. Das muss jedes Unternehmen selbst definieren, wie dieses Verhältnis aussehen soll. Wichtig ist auch eine Antwort auf die Frage, wie die Fläche und Räume genutzt werden sollen, denn die Nutzungsgewohnheiten werden sich noch weiter verändern. Die Frage, die gestellt werden muss, ist: Wie kann das Büro zum gemeinsamen „Lagerfeuer“ werden? Wie können öffentliche und halböffentliche Bereiche gestaltet werden? Ein spannendes zukunftsweisendes Konzept ist etwa das von Vitra entwickelte Cluboffice: Das ist ein authentischer, identitätsstiftender Ort, der Kollaboration und Innovation fördert und zu dem auch socialising parts gehören, wie zum Beispiel eine Bar. Ein Ort, an den man gerne geht und auf den man sich nach drei Tagen Homeoffice auch freut.
„Ein Ort, an den man gerne geht und auf den man sich nach drei Tagen Homeoffice freut.“
Kommunikation und Collaboration: Flexibel gestaltete Arbeitswelten für spontane Meetings von ständig wechselnden Arbeitsgruppen.
Welche Erwartungen hast Du an das Jahr 2021 und was wünschst Du Dir für die Zukunft?
Ich bin optimistisch, dass die Wirtschaft intakt bleibt, trotz Corona. Aber bevor es zurück in die „Normalität“ geht, müssen wir uns alle Gedanken machen, wie wir uns neu organisieren wollen. Uns erwarten da viele Aufgaben. Was ich mir am meisten wünsche, ist, dass wir als Gesellschaft die Pandemie überstehen, ohne inpolitische Extreme zu verfallen, unseren Glauben an die Zukunft bewahren und – vor allem – dass wir wieder ohne Angst unsere Geselligkeit ausleben dürfen. Das fehlt mir am meisten. Und ich wünsche mir, noch mehr Unternehmen dabei zu unterstützen, eine neue zukunftsweisende Raumarchitektur zu bekommen. Damit die Menschen ihre Rollebei der Arbeit mit mehr Freude und Freiheit leben können. Wir sind jetzt an dieserSchwelle, wo es eine ganz großen Change geben wird.
Bilder: Citizenoffice