Ein Netzwerk für Netzwerke
Im vierten Jahr in Folge wurden fünf Kreativ-Initiativen für ihre Netzwerkarbeit als Creative Spaces 2020 ausgezeichnet. Damit lobt Creative.NRW, das Kompetenzzentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft nicht nur einen mit 25.000 Euro dotierten Preis aus, sondern schafft wiederum selbst ein landesweites Netz aus Orten und Menschen mit kultur- und kreativwirtschaftlichem Engagement.
Text: Lisa Maria Kunst
Spartenübergreifend Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zu vernetzen, ist das Ziel. Dafür zeichnet Creative.NRW im Auftrag des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Wirtschaft und Digitalisierung jährlich fünf Kreativ-Netzwerke aus. Den Award gibt es schon seit 2017 und so wächst das Netzwerk jährlich um fünf weitere Orte an. Die heute insgesamt 20 Spaces kommen bei Veranstaltungen, wie der Preisverleihung des Awards (okay, 2020 war sie dann rein digital…) oder von Creative.NRW organisierten Roadshows zusammen. Darüber hinaus wird gemeinsam an übergeordneten Themen gearbeitet. Flora & Fauna freut sich über die Auszeichnung und stellt die anderen vier Creative Spaces 2020 vor.
Haldern Pop Haus
„Letztendlich geht es um Geschichten und um Teilhabe“ sagt Stefan Reichmann, Geschäftsführer von Haldern Pop. Und damit nicht nur vom bekannten Festival im niederrheinischen Idyll, sondern auch des Labels und dem diesjährig ausgezeichneten Creative Space „Haldern Pop Haus“. In diesem liegt eine alte Dorfkneipe mit bewusst erhaltenem 50er Jahre Charme. Eine Off Day Bar. Strategisch günstig gelegen, mittig zwischen Paris und Berlin, bietet man in der Gaststätte Unterkunft, Essen und Trinken für aufstrebende Musiker. Und wird im Gegenzug am Tag der Durchreise, dem „Off Day“, mit einem kleinen Konzert belohnt. Auf diese Weise kann man den Grundgedanken des Festivals über das ganze Jahr ziehen. Darüber hinaus öffnet sich das Haus aber auch für Aktivitäten der Dorfgemeinschaft – vom Erntedankfest bis zum Fußball-gucken. Teilhabe fängt eben bei der direkten Nachbarschaft an.
Die Urbanisten
Ähnlich sehen das auch die Urbanisten in Dortmund, die sich die Verbesserung des urbanen Zusammenlebens zum Ziel setzen. Angefangen hat alles mit Graffiti und dem Wunsch die Stadt auf legale Art und Weise bunt zu gestalten. Mittlerweile bespielen die Urbanisten eigenen Raum auf altem Industrieareal. Die ehemalige Werkhalle – auch hier ist immer noch jede Menge alter industrieller Charme erhalten worden – bietet Platz für unterschiedlichste Veranstaltungen, Workshops und Events aus Kunst und Kultur. In der Urbanisten Manufaktur befindet sich eine Holzwerkstatt, die für Upcycling Projekte genutzt wird oder für die Vorbereitung von Urban Gardening Aktivitäten. Expertenwissen haben sich die Urbanisten im Bereich der Aquaponik, eine ressourcensparende Kombination von Gemüseanbau und Fischzucht, angeeignet. Im eignen Gewächshaus wird getestet und geforscht. Das erlangte Wissen wird in Workshops und Seminaren weitergegeben. Auf diese Weise gestalten die Bewohner einer Stadt ihren Lebensraum eigenverantwortlich mit und schließen ihre individuellen Ressourcen zusammen.
Impact Hub Ruhr
Das Impact Hub ist ein weltweites Netzwerk aus über 100 lokalen Hubs und 16.000 Menschen weltweit. In Essen arbeitet der Impact Hub Ruhr auf lokaler Ebene mit dem Ziel durch die Förderung von sozialem Unternehmertum eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. „Wirtschaft sollte anders funktionieren, nämlich im Einklang mit Gesellschaft und Umwelt.“ meint Janna Prager, Co-Founder des Impact Hub Ruhr und nennt als Orientierung für das eigene Handeln die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN. Auf über 600 qm verteilen sich Workshopräume, Coworkingspace sowie Veranstaltungsräume. Dort finden Events zu Themen wie soziale Innovation, Social Entrepreneurship oder Female Founders statt. Und auch innerhalb der Community wird sich ausgetauscht, z.B. hilft man sich gegenseitig und tauscht Kompetenzen aus beim „Skill Share Lunch“. Denn die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sollte sowohl im Kleinen als auch im Großen gedacht und angefasst werden. Dabei hilft das agieren auf globaler und gleichzeitig lokaler Ebene.
Freischwimmer
In Krefeld ist der Ausgangspunkt des Netzwerks „Freischwimmer“ ein altes Schwimmbad von 1890. Insgesamt 8.000 qm umfasst das Gelände. Das ehemalige Freibad hat sich die Natur zurückgeholt und auch das Hallenbad wurde dem Verfall überlassen. Nun wollen die „Freischwimmer“ das Bad den BürgerInnen wieder zugänglich machen. Als Ort für kulturelles Leben und Treffpunkt mit Café. An diesem Ziel arbeiten Ehrenamtliche unterschiedlichster Sparten (Kulturschaffende, Kreative, Gastronomen, Gärtner, etc.) zusammen, veranstalten Musik und Tanz im Bad, geben Führungen.
Flora & Fauna schätzt sich glücklich Teil des gesamten Creative Spaces Netzwerks zu sein, andere Spaces zu besuchen und deren Macher kennenzulernen. Denn sicherlich können wir viel voneinander lernen. Ganz im Sinne von Stefan Reichmann und der Haldern Pop Bar: „Wir brauchen Regen und Sonne, aber eben auch Meinung und Austausch. Die Gäste bringen Geschichten, Ideen und Durst mit. Und am Ende gehen sie mit einer anderen Geschichte wieder nach Hause.“
Fotos: Christoph-Buckstegen, Jonas Runte, Florian Artmann, Carsten Deckert, Freischwimmer